Zunächst einmal muss man wissen, dass Retinol in menschlichen Körper umgewandelt wird zur Retinsäure, einem Hormon.
Vitamin A und seine Derivate (Abkömmlinge), dazu zählt auch die oben genannten Retinsäure, nennt man auch Retinoide. Diese Retinoide haben eine enorme Bedeutung:
Sie spielen die Rolle in der Embryogenese.
Das heißt, ohne Retinol gäb’s dich und mich gar nicht.
Zwischen Embryo und Erwachsensein steht eine Sache: Wachstum.
Wachstums passiert auf zellulärer Ebene in dem sich Zellen vermehren (Proliferation) und differenzieren, macht Sinn, denn ohne Differenzierung wüsste die Zelle nicht, ob sie jetzt eine Darm - oder Muskelzelle ist.
Das ist Forschern schon vor fast 30 Jahren aufgefallen: Wenn nicht genug Retinoide da sind, dann sind Stammzellen überhaupt nicht in der Lage adult zu werden, heißt zu reifen. Das ist ziemlich ungünstig, kann man sich vorstellen, denn der Körper ist ja kein statisches Bauwerk aus Stahl, sondern hat ein Mauerwerk, dass ab und zu mal kaputt geht. Und wenn dann nicht ordentlich nachgeliefert wird, dann hat man halt keine Mauer aus Stein, sondern vielleicht eine Mauer aus Holz.
Das kann man sehr gut sehen bei Herzen, die kaputt gehen: Wenn durch Überdruck (Bluthochdruck) “kleine Risse” im Herzen entstehen, dann müssten da eigentlich Kardiomyocyten, also Herzmuskel-Zellen hin, aber in vielen Fällen kommt da Kollagen hin. Ist schlecht, weil Kollagen stopft zwar die Wunde, aber ist funktionell nicht der Bringer.
Wir erinnern uns weiterhin: Krebs ist eine Erkrankung, bei der die Proliferation und Differenzierung total fehlgeleitet ist. Kein Wunder, dass man damals sagte: Retinoide kontrollieren das Zellwachstum, dann wäre es sinnvoll anzunehmen, dass man die krankhafte Zelle (Tumor) einfach wieder auf “normal” programmiert, anstatt sie gleich abzutöten (Apoptose).
So etwas nenne ich eine geniale Idee.
20 Jahre später wusste man, dass diese Idee nicht nur genial war, sondern auch stimmig:
Studies from a number of laboratories including our own have analyzed the ability of retinoic acid (RA) to inhibit the growth of human tumor cell lines (13–28). RA treatment was found to reduce DNA synthesis, induce morphological changes, prolong cell doubling time and reduce saturation density and colony formation in soft agar assays. In virtually all of these cases, retinoid suppression of growth does not involve the death of tumor cells but rather their arrest during the G1 stage of the cell cycle (14).
Retinoic acid, also Retinsäure, stoppt den Wachstumsprozess von Tumorzellen, und tatsächlich: Hier wird die Tumorzelle nicht abgetötet, aber einfach so programmiert, dass sie nicht weiter durch die Gegend wachsen kann.
Das Töten wäre dann die Aufgabe eines kompeteten Immunsystems.
Wo wir beim nächsten Punkt wären. Retinoide spielen auch eine wichtige Rolle im Immunsystem, so wichtig, dass eine im März erschienen Arbeit titelte: “A is for immunity”, erschienen in der nature. Kinder, deren Eltern wenig Vitamin A im Blut hatten (Schwangerschaft), haben kleinere Lymphknoten und eine schlechtere Immunantwort bei Erkrankungen.
Greifen wir also die Rolle der Retinoide, besser Retinsäure, hinsichtlich der Rolle bei der Zelldifferenzierung und - proliferation auf, dann macht eines ganz besonders Sinn: Auch Immunzellen müssen diesen Prozess durchlaufen.
Kein Wunder, dass Retinsäure eine wesentliche Rolle dabei spielt. Die Auswirkungen kann sich jetzt jeder für sich selbst ausmalen, also im Falle eines Mangels an dieser Substanz.
Schon in den 60ern wusste man, dass man Vitamin A dringend braucht, wenn man eine gesunde Menge Steroide im Blut haben will. Steroide sind nicht nur Androgene wie Testosteron, sondern durchaus aus auch Substanzen wie Cortisol. Das ist deshalb so wichtig, weil ich viele Menschen kenne, die plötzlich einen “adrenalen Burnout” haben. Man könnte jetzt mal kurz nachdenken.
Also ohne Vitamin A nichts los in der Hos. Jedenfalls in der Hose des Mannes, wo Testosteron entsteht.
Jetzt kommen wir aber mal zu ernsteren Themen, wie dem Sauerstoff-Transport. Warum Sauerstoff so wichtig ist, das weiĂź jeder, der mal eine Minute unter Wasser war.
Wieder einmal stimuliert die Retinsäure auch hier die Vermehrungsrate der Zelle, genauer: Stammzellen von roten Blutzellen. Das Ding ist nur, dass VitA nicht nur für die Vermehrung der Stammzellen zuständig ist, sondern auch noch dafür, dass die roten Blutzellen eine Ladung Eisen aus dem Eisenspeicher der Leber bekommen.
Füttert man den Ratten eine Ernährung, die defizient ist bezogen auf Eisen, dann entwickeln die logischerweise einen Eisenmangel und damit verbunden einen Ferritin-Mangel. Anmerkung: Wäre blöd, wenn man zu wenig Ferritin hat.
Füttert man ordentlich VitA dazu, dann bleibt uns dies erspart und die Ferrtin-Werte bleiben unverändert. Daraus folgerten die Autoren, dass VitA auch maßgeblich daran beteiligt ist, wieviel Ferritin wir im Körper haben.
Ganz aktuell haben wir erfahren, dass Retinoide auch den kompletten Fettstoffwechsel regulieren. Meine Beiträge dazu kann man im Archiv finden. Jedenfalls habe ich mehrfach erklärt, dass Retinsäure alle am Fettstoffwechsel beteiligten Proteine hochreguliert, also genau das macht, wovon jeder Sportler träumt:
Retinsäure schenkt uns einen Fettstoffwechsel.
Das ist so profund, dass ich meine Begeisterung hier gar nicht in Worte fassen kann.
Also noch einmal kurz zum Mitschreiben: Da steht “der Fettstoffwechsel wird reguliert und kontrolliert durch Retinsäure”, also da steht nur Retinsäure und keine andere Substanz…
Retinol, Trivialname Vitamin A1
Gesundheitliche Bedeutung:
- Retinol ist die Vorstufe eines Hormons namens Retinsäure, das für den Großteil der Effekte (von Vitamin A) verantwortlich ist.
- Retinsäure gelangt in den Zelle bzw. zum Zellkern via Transportmoleküle: a) mit Hilfe vom retinsäure-bindenden Protein (CRABP) b) fettsäure-bindenden Protein (FABP).
- Retinsäure kann als PPARdelta-Ligand (Substanz, die PPARdelta aktiviert) den kompletten Fettstoffwechsel regulieren, sowohl in der Fett - als auch in der Muskelzelle.
- Diverse Arbeiten zeigen die Bedeutung von Retinsäure hinsichtlich der Immunität, vor allem auch hinsichtlich der Tumorprogression, wo Retinsäure als Tumorsuppressor wirkt, also wachstumshemmend.
- Diese Wirkung resultiert aus der Eigenschaft von Retinsäure, die Zellproliferation (Teilung und Vermehrung) zu regulieren. Dies spielt gerade auch eine tragende Rolle bei der Differenzierung und Teilung von Haut - bzw. Schleimhautzellen, wo ein Fehlen von Retinsäure (oder Retinol) fatale Konsequenzen haben kann.
- Retinsäure-Rezeptoren findet man auch in der Darmschleimhaut, wo es die Durchlässigkeit bzw. die Barrierefunktion moduliert.
- Neuere Erkenntnisse weisen auch daraufhin, dass Retinsäure am Muskelaufbau partizipiert.
- Weiterhin verschlechtert ein Mangel an Vitamin A, die Versorgung des Körpers mit Eisen (aus den hepatischen Eisenspeichern).
- Retinsäure moduliert die Steroidogenese, das heißt die Testosteron - bzw. die Estradiol-Konzentration.
- Vitamin A Therapy (bei VitA-Mangel) induziert weiterhin ein Ansteigen von freien T3-Werten, das heiĂźt Vitamin A spielt auch eine Rolle im SchilddrĂĽsenhaushalt.
Connolly et al. (2007):
CONCLUSIONS:
Serum retinol concentration is a significant independent predictor of all-cause mortality in renal transplantation patients. Higher retinol concentration might impart a survival advantage via an antiinflammatory or anti-infective mechanism.
Kubena et al. (2010):
This is the first study showing a lower retinol level as an independent predictor of overall and cardiovascular mortality in HD patients. It has to be elucidated whether the beneficial effects of higher serum retinol levels should be attributed to only better nutritional support or also to retinol's role in immune response and differentiation.
Mayo-Willson et al., (2011):
Conclusions Vitamin A supplementation is associated with large reductions in mortality, morbidity, and vision problems in a range of settings, and these results cannot be explained by bias. Further placebo controlled trials of vitamin A supplementation in children between 6 and 59 months of age are not required. However, there is a need for further studies comparing different doses and delivery mechanisms (for example, fortification). Until other sources are available, vitamin A supplements should be given to all children at risk of deficiency, particularly in low and middle income countries.
Du siehst: Mit Studien wie diesen zu argumentieren ist sinnlos, denn zu jeder Negativ-Studie wird man auch eine Positiv-Studie finden.
Man sollte sich auf die blanke Biochemie konzentrieren, nicht auf irgendwelche Korrelationen und observational studies.